Keine gefährlichen Autos, kein holpriges Kopfsteinpflaster, dafür viel Natur: Radfahrer auf Rügen können seit etwa einem Jahr auf einem eigens für sie gebauten Weg von Sassnitz zum Königsstuhl fahren.
Zwischen Sassnitz und dem Königsstuhl gibt es einen befestigten Radweg – ganz offiziell. Harry Glawe, Wirtschaftsminister des Landes, und der Sassnitzer Bürgermeister Frank Kracht hatten die Piste freigegeben. Jahrelang hatten viele Rüganer und Gäste darauf gewartet – und den Weg in Besitz genommen, sobald die Bauarbeiter abgerückt waren. Nicht wenige der Radler, die sich zur ersten offiziellen Tour einfanden, hatten die zwölf Kilometer lange Strecke vorher schon ausgiebig getestet.
In 20 Minuten von Sassnitz bis zu den Kreidefelsen
Eine halbe Stunde brauche man vielleicht, um mit dem Rad von Sassnitz zu dem Kreidefelsen zu gelangen – wenn man einigermaßen geübt ist, schränkt Manfred Zemeitat ein. Er ist einer der Radsport-Truppe „Rügen Rund“ und war zur Eröffnung des Radweges von Binz nach Sassnitz gekommen – natürlich mit dem Fahrrad. 20,6 Kilometer hatte er schon zurückgelegt, bevor er und seine Mitstreiter mit ihren Rädern über die neue Piste rollten. „Für uns ist das eine gute Sache“, lobten sie den neuen Weg, der allerdings auch ziemliche viele Steigungen aufweise. Durchschnitts-Radler attestieren der Strecke dann auch einen „erhöhten Schwierigkeitsgrad“. Wer viel mit dem Drahtesel unterwegs und entsprechend trainiert ist, für den ist es ein Klacks. Dietmar Brand und Franko Adam waren von Mönchgut nach Sassnitz gekommen. Von dort bis zum Königsstuhl brauchten die beiden auf ihren Rennrädern gerade mal 20 Minuten. Sie waren die Ersten, die nach dem Start hinter dem Sassnitzer Ortsausgang am Nationalparkzentrum ankamen.
Drahtesel trifft Hirschkuh
Eine Weile nach ihnen rollten Margret und Klaus Dieter Marzian auf das Gelände oberhalb der Kreidefelsen. Die Urlauber aus dem Emsland waren etwas aus der Puste – und dennoch völlig begeistert. „Eine so wunderschöne Strecke!“, schwärmten sie von der Trasse, die mitten durch die Stubnitz führt. „Man ist mitten in dieser großartigen Natur!“ Zu ihren Erlebnissen gehörte die Begegnung mit einem Reh, das plötzlich aus dem Wald auftauchte. Beinahe wäre es zu einer Kollision mit den Fahrradfahrern gekommen. Aber die Bremsen an den Rädern funktionierten ebenso gut wie die Beine der Hirschkuh. Familie Marzian ist zum ersten Mal auf Rügen, hatte in der Zeitung von der Eröffnung des Weges gelesen und wollte das Wahrzeichen der Insel auf dem Rad erkunden. „Bei uns zu Hause ist es stellenweise auch hügelig. Aber bei den Steigungen hier waren wir dann doch froh, dass wir E-Bikes haben“, erzählten sie nach einer kurzen Verschnaufpause vor dem Nationalparkzentrum und fügten lachend hinzu: „Der Strom ist raus, wenn man hier ankommt.“
Zwei Rastplätze mit Schutzhütten
Zumindest Kraft können die Radler unterwegs tanken. An der Strecke gibt es zwei Rastplätze. Die Rüganer und Gäste hatten jahrelang auf einen sicheren Weg zum Königsstuhl gewartet. Viele von ihnen nutzten bislang die kurvige und stark befahrene Landstraße, die durch die Stubnitz führt, oder quälten sich über die holprigen Forstwege. Diese Zeit sei nun vorbei, erklärte Minister Glawe – und bekam von den Radfahrern prompt „Hinweise“ auf andere Lücken im Radwegenetz und auf den teilweise katastrophalen Zustand bestehender Wege, etwa entlang der Schaabe. Glawe kündigte an, dass ein weiterer wichtiger Abschnitt in Angriff genommen werden soll: Das Straßenbauamt habe begonnen, Flächen für den Bau eines Radweges an der Landstraße zwischen Karow und Prora zu kaufen.
Wasserdurchlässige Oberfläche
Zwölf Kilometer lang ist der Radweg, der vom Ortsausgang Sassnitz über Hagen bis zum Nationalparkzentrum am Königsstuhl führt. Das Projekt beschäftigt die Sassnitzer seit Jahren. Weil der Weg mitten durch den Nationalpark führt, gab es lange Diskussionen, unter anderem über die Trassenführung und letztlich auch über das zu verwendende Material für die Oberfläche. Entschieden hat man sich letztlich für vermörtelten Beton, der wasserdurchlässig ist.